Lebenssignale

Sebastian Bayer

Entwicklungsingenieur und seit zwölf Jahren Ansprechpartner für Medizintechnik bei VISATON.

Medizinische Geräte geben wichtige Signal- und Warntöne ab und sind sowohl für Ärzte als auch Patienten essentiell. Um medizinisches Personal bestmöglich zu unterstützen, baut VISATON Lautsprecher für verschiedenste Geräte. Worauf es dabei ankommt, erklärt VISATON-Entwicklungsingenieur Sebastian Bayer im Interview.

Herr Bayer, der Bereich Medizintechnik war und ist in der Pandemiezeit sehr gefragt. Nehmen Sie das bei den Lautsprechern auch wahr?

Allerdings. Wir produzieren viele Lautsprechermodelle für Atemgeräte, unter anderem für Kunden in Schweden. Aus der schwedischen Botschaft kam in der Pandemiezeit ein Brief, der betonte, wie wichtig unsere Lautsprecher für die dortige Produktion von Atemgeräten sind. Und bekanntermaßen ist Schweden mit der Situation nicht allein. Die Nachfrage wird in der nächsten Zeit sicher anhalten.

Neben Atemgeräten gibt es hunderte medizinische Geräte. Wo genau sind Lautsprecher von VISATON gefragt?

Wir arbeiten mit Herstellern aus den Bereichen Medizintechnik, die etwa Messgeräte produzieren, bis hin zu Anbietern für Kernspintomographen. Ein Feld, in dem wir viele Kunden unterstützen, ist das Patienten-Monitoring. Also alle Geräte, die zur Gesundheitsüberwachung mit Bildschirmen dienen. Viele kennen das typische Piepen eines Herzmonitors, der Warnsignale von sich gibt. Ein anderes schönes Beispiel ist der Moment beim Ultraschall, wenn werdende Eltern erstmals ihr Kind auf dem Monitor sehen und seine Lebenssignale hören.

Sebastian Bayer

„Beim Monitoring geht es um eine fehlerfreie Identifikation. Im Zweifel um lebenswichtige Signale innerhalb von Sekunden.“

Sebastian Bayer

Das sind sehr sensible Bereiche.

Absolut. Beim Monitoring geht es um eine fehlerfreie Identifikation. Im Zweifel um lebenswichtige Signale innerhalb von Sekunden. Durch die Kombination aus Bild und Ton weiß das Fachpersonal schnell, was zu tun ist, um den Patienten zu helfen. Das Gerät muss auf alle Fälle funktionieren. Stellen Sie sich hierfür die Defibrillatoren vor: In neueren Modellen sind Lautsprecher verbaut, die genaue Anweisungen geben, was zu tun ist, um einen Menschen wiederzubeleben. Wenn die Lautsprecher zuverlässig einen klaren Klang liefern, steigern sie die Überlebenschancen in Extremsituationen.

Wie sieht es in den Operationssälen aus?

Dort verstecken sich viele Tongeber, weshalb das für uns ein wichtiger Bereich mit ziemlich extremen Anforderungen ist. Bei Notoperationen geht es beispielsweise sehr rau zu. Geräte werden hin und her geschubst, bekommen Stöße ab, werden mit Flüssigkeiten bespritzt und vieles mehr. Räumlich noch kompakter haben wir das in Rettungswagen. Abgesehen von der Kommunikation zwischen Fahrer- und Behandlungskabine sind hier alle Lautsprecher so verbaut, dass nach einem Patiententransport extrem gesäubert und desinfiziert werden kann, wie auch im OP. In beiden Fällen kommen verschiedene Lautsprecher zum Einsatz – vom klassischen Mitteltöner über magnetisch abgeschirmte Produkte bis hin zum gehäuselosen Modell, meist verbaut hinter einer schmutzdichten Abdeckung. Was genau eingesetzt wird, ist anwendungsspezifisch, weil unsere Kunden für die Einhaltung von medizinischen Anforderungen verantwortlich sind und wir die nötige Ausstattung liefern.

Rein akustisch betrachtet: Worauf kommt es bei den medizinischen Geräten an?

Wenn ich zuhause meine Hi-Fi Lautsprecher direkt auf mich ausrichte, klingen sie anders, als wenn ich sie um 45 Grad Richtung Wand oder ähnliches drehe. Das prüfen wir auch hier. Wir messen, ob die Lautsprecher in eine gewisse Richtung viel breiter abstrahlen oder einseitig zu viel Schall abgeben. Dazu müssen wir sicherstellen, dass der Schall von der Rückseite des Monitors auch auf die Vorderseite gelangt. Das klingt logisch, ist aber nicht ganz einfach, wenn die Speaker extrem eng verbaut werden. Denn der Platz ist überall knapp.

Was sind die Herausforderungen beim Einbau?

Das fängt bei der Materialauswahl an. Wir werden keine Papiermembranen verbauen, die im Wohnzimmer-Soundsystem für guten Klang sorgt, aber im OP niemals standhalten würden. Die Abdeckungen aus Schutz- und Hygienegründen habe ich erwähnt. Bei manchen Geräten wird direkt von Anfang an vorne eine Art Blende vorgesetzt, die den Schall extrem beeinflusst, worauf wir dann in Rücksicht nehmen müssen – etwa durch verschiedene Tonfilter.

Wie arbeiten Sie mit den Kunden?

Wir arbeiten gerne mit ausführlichen Anforderungskatalogen oder wir liefern einen passenden Lautsprecher und empfehlen Einbaukriterien. Etwas, das wir nicht nur in der Medizintechnik erleben: Die Akustik kommt sehr oft am Schluss, und dann ist es so, dass das Gerät fertiggestellt wurde, ohne uns zu involvieren. Dann müssen wir im Nachhinein optimieren, was sicher eine unserer Stärken ist, weil wir für jede Bedingung spezielle Lösungen finden. In unserem Testlabor sind wir in der Lage, eingebaute Lautsprecher in allen Bandbreiten und Einbauarten ausführlich zu testen. Aber idealerweise planen wir mit den Herstellern zusammen.

Wohin entwickelt sich der Bereich Lautsprecher im Medizinsektor?

Spannend finde ich neue Ideen rund um das Patientenwohl, die über rein akustische Signale Entspannung bringen. Wir haben mit einem Hersteller von sogenannten weißen Räumen gearbeitet, der im gesamten Raum durch Bild und Ton und verschiedene Maßnahmen Spannungen bei Menschen abbauen will. Das war sehr interessant. Auf der technischen Ebene von Lautsprechern geht es seit einigen Jahren vor allem darum, kleiner und leichter zu werden. Und geringe Einbaumaße zu erzielen. Mit modernen Materialien kann man diesen Weg gehen.

Welche Materialen sind das?

In Lautsprechern sind üblicherweise Ferrit-Magnete verbaut, die wir bei kleinen Lautsprechern durch Neodym-Modelle ersetzen können. Dank deren extrem hoher magnetischer Energie können wir sie kleiner verbauen. Allerdings gehört Neodym zu den Seltenen Erden und ist deutlich teurer als Ferrit.

Sebastian Bayer

ist Entwicklungsingenieur und seit zwölf Jahren Ansprechpartner für Medizintechnik bei VISATON. Mit Akustik beschäftigt er sich schon seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn: Nach seinem Diplom in physikalischer Technik hat er im HiFi-Bereich unter anderem bei BMW gearbeitet, bevor er dann zu VISATON kam und schnell seine ersten Projekte im Medizintechnikbereich umsetzte.

Sie suchen nach einer maßgeschneiderten Lösung?

Kontaktieren Sie uns